Nach Gerichtsbeschluss: Absicherung mittelloser Bürger*innen muss sofort bundesweit umgesetzt werden

Özlem Alev Demirel, Mitglied im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Fragen des Europaparlaments (EMPL), begrüßt den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf zum Anspruch eines in Wuppertal lebenden obdachlosen Mannes auf Hartz-IV-Leistungen und erklärt:

„Es kann nicht weiter angehen, dass in Deutschland lebende Menschen in der Zeit der Pandemie ohne Krankenversicherung und ohne Sozialleistungen dastehen. Das hat das Sozialgericht Düsseldorf in der Begründung seines Beschlusses in einem Einzelfall sehr grundsätzlich und klar dargestellt. Insbesondere der Leistungsausschluss von EU-Bürger*innen, die sich weniger als fünf Jahre in Deutschland aufhalten und in keinem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen, muss unverzüglich aufgehoben werden. Dies betrifft zehntausende Menschen, die sich bislang vor allem als Tagelöhner, Minijobber*innen oder Straßenzeitungsverkäufer*innen durchgeschlagen haben.“

„Als billige Arbeitskräfte waren sie willkommen, in der Corona-Krise stehen sie nun aufgrund des von der damaligen Bundesarbeitsministerin Andra Nahles vorangetriebenen Leistungsausschlusses ohne jede Unterstützung da. Die Arbeitnehmer*innen-Freizügigkeit in der Europäischen Union (EU) muss dringend soziale Schutzmechanismen für die betroffenen Arbeitnehmer*innen erhalten; ohne diese ermöglicht sie in Teilbereichen einen unerträglichen modernen Sklav*innen-Markt im Interesse von Unternehmen, und das nicht nur zur Spargelerntezeit.“

„Das Sozialgericht Düsseldorf hat mit einer bemerkenswert klaren Begründung nicht nur dem verklagten Jobcenter, sondern auch der Bundesregierung, die trotz der Corona-Krise untätig blieb, folgendes mit auf den Weg gegeben: ‚Es ist dem Gericht, gerade in der derzeitigen Extremsituation aufgrund der Pandemiesituation völlig unverständlich, wie die Antragsgegnerin Leistungen verweigern kann. Ein ausländischer Obdachloser, der wegen geschlossener Grenzen in Europa derzeit auch nicht in sein Heimatland zurückreisen kann, um ggf. dort Sozialleistungen zu beantragen, ist nach Auffassung des Gerichts nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auch hier von deutschen Behörden ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewähren, das sein Überleben in dieser Zeit sichert, zumal aufgrund der Einschränkungen des öffentlichen Lebens es derzeit für Obdachlose mehr als schwierig sein dürfte, auf der Straße Leistungen ggf. zu erbetteln.‘

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) muss diesen Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf zur Grundlage einer Weisung an die Bundesagentur für Arbeit machen, mit der jedem derzeit in Deutschland lebenden, mittellosen Menschen Hilfe zum Lebensunterhalt und Krankenversicherung zu gewähren ist.“

16.04.2020