Von der Leyens Blendgranaten: „Verteidigungsunion“, Mindestlohn und Armutsbekämpfung
Zu der heutigen Ankündigung der Kandidatin für die EU-Kommissionspräsidentschaft, Ursula von der Leyen, sich für Mindestlöhne in jedem EU-Staat einsetzen und Kinderarmut bekämpfen zu wollen, erklärt die Europaabgeordnete Özlem Alev Demirel (DIE LINKE.), Mitglied im EP-Ausschuss für Beschäftigung und Soziales (EMPL):
„Mit rhetorischen Blendgranaten kann man keine Sozialpolitik machen. Von der Leyens heutig Erklärung, sich für Mindestlöhne in jedem EU-Staat einsetzen zu wollen, geht am eigentlichen Problem vorbei. Denn in den allermeisten EU-Staaten gibt es Mindestlöhne, die aber zu niedrig und damit Armutslöhne sind. Notwendig sind in jedem EU-Staat Mindestlöhne, die sich auf 60% des dortigen mittleren Durchschnittseinkommens belaufen. Für Deutschland wäre damit eine Lohnuntergrenze von 12 Euro notwendig, derzeit liegt der Mindestlohn allerdings bei nur 9,19 Euro. Davon können Menschen weder leben noch eine Alterssicherung aufbauen. Von der Leyen hätte sich heute konkret den Forderungen zahlreicher Gewerkschaften in Europa anschließen können, die für einen armutsfesten Mindestlohn kämpfen.“
„Auch ihre Ankündigung, sich der Bekämpfung der Kinderarmut widmen zu wollen, blieb vollkommen unkonkret. Deutlich wurde nur eins: von der Leyen will keine Sozialunion. Armutsbekämpfung muss umfassend erfolgen, Kinderarmut ist immer auch Familienarmut und kann nicht isoliert bekämpft werden. Das Wohlstandsgefälle in der EU ist zudem auch direkte Folge der an Konzerninteressen ausgerichteten EU-Wirtschaftspolitik und der Kürzungspolitik. Ein grundlegender Kurswechsel ist hier dringend notwendig, den aber will von der Leyen nicht.“
„Stattdessen hat von der Leyen ihre Rede zur ideologischen Aufrüstung genutzt und von der EU als ‚Verteidigungsunion‘ schwadroniert. Verteidigen muss sich, wer bedroht wird. Und genau dieses völlig unzutreffende Bild einer angeblich militärisch bedrohten EU zeichnete von der Leyen in ihrer heutigen Rede, um damit den europäischen Rüstungskonzernen neue Märkte zu eröffnen und die Militarisierung der EU weiter voranzutreiben. Dem Verzicht auf eine Sozialunion und dem Aufbau einer Militärunion dient auch von der Leyens Forderung nach Einführung einer ‚qualifizierten Mehrheitsentscheidung‘ anstatt der bisher erforderlichen Einstimmigkeit bei vielen Entscheidungen der EU-Staaten. Hier geht es von der Leyen maßgeblich um den weiteren Ausbau der Hegemonie Deutschlands in der Europäischen Union. Das Gegenteil wäre notwendig: wir brauchen ein gleichberechtigtes, demokratisches, soziales und friedliches Europa.“