Armutsbekämpfung erfordert Wagemut, nicht vage Worte: Nicolas Schmit muss klarer für eine soziale Politik eintreten

Zur heutigen Anhörung des designierten EU-Kommissars für Beschäftigung, Nicolas Schmit, erklärt die Europaabgeordnete Özlem Alev Demirel, Mitglied im EP-Ausschuss für Beschäftigung und Soziales (EMPL):

Die zunehmende Armut in Europa wird mit warmen Worten nicht zu bekämpfen sein. Von daher war die heutige Vorstellung und Befragung des designierten EU-Kommissars für Beschäftigung, Nicolas Schmit, zu Teilen zwar schön anzuhören, aber letztlich wenig Hoffnung gebend bezüglich eines dringenden sozialen Umschwungs der Politik Europas.

Nicolas Schmit hat heute letztlich die Forderung nach europaweiten Mindestlöhnen, die 60 Prozent des mittleren Durchschnittseinkommens entsprechen (für Deutschland wären das aktuell 12 Euro pro Stunde), abgelehnt und stattdessen nur vage einen ‚Rahmen‘ für Mindestlöhne angekündigt. Sein Verweis darauf, dass er das ‚System der Tarifverhandlungen‘ aufrechterhalten wolle, ist in diesem Zusammenhang geradezu zynisch. Denn die Tarifbindung geht europaweit zurück.  So war es auch die Troika, die während der Eurokrise sowohl soziale Standards als auch allgemeinverbindliche Tarifverträge zerschlagen ließ. Die EU steht jedoch vielmehr in der Pflicht, Armutslöhne zu verhindern.

Positiv ist, dass die so genannten ‚Plattformarbeiter*innen‘ auf Nachfrage unserer EP-Linksfaktion GUE/NGL auf der Agenda des Kommissars stehen werden. Leider blieben die konkreten Antworten darauf jedoch aus, wie sich deren Arbeitsbedingungen tatsächlich verbessern können oder wie sie aus der prekären Selbständigkeit herauskommen. Schmit habe die Antworten nicht und sie seien noch zu finden… Ein rasant wachsender Markt, bedarf allerdings schneller Lösungen – auch hier werden wir Druck von ‚links‘ machen.

In den vergangenen Jahren hat die EU mit ihrer Kürzungspolitik nicht nur keine Sozialpolitik betrieben, sondern soziale Sicherungssysteme und allgemeinverbindliche Tarifverträge aktiv zerschlagen. Armutsbekämpfung und Beschäftigungspolitik erfordern in dieser Situation eine grundlegende Änderung der Ausrichtung der EU-Politik und damit Wagemut, nicht vage Worte. Als EU-Kommissar für Beschäftigung müsste Nicolas Schmit wesentlich klarer auftreten als bei der heutigen Anhörung.