Erdoğans Angriffskrieg stoppen, demokratische Kräfte stärken

Zu jetzt notwendigen Reaktionen der Europäischen Union auf den völkerrechtswidrigen Einmarsch der türkischen Armee in Syrien, erklärt Özlem Alev Demirel, Vize-Vorsitzende im Ausschuss für Sicherheit und Verteidigung (SEDE) und stellvertretende Präsidentin der Türkei-Delegation des Europaparlaments:

Die Regierung von Recep Tayyip Erdoğan ist innenpolitisch deutlich geschwächt, die wirtschaftliche Situation der Türkei ist kritisch. Der Angriffskrieg dient Erdoğan daher auch dazu, durch Patriotismus von der innenpolitischen Lage abzulenken. Die Europäische Union muss in dieser Situation wirtschaftlichen Druck auf die Erdoğan-Regierung ausüben und deutlich machen, dass bestehende und geplante Projekte der wirtschaftlichen Zusammenarbeit gestoppt werden, wenn der Angriffskrieg auf die Kurd*innen und die demokratischen Kräfte Syriens (SDF) nicht sofort eingestellt wird.

Auch der politische und diplomatische Druck müssen deutlich erhöht werden. Bislang hat Erdoğan aus Europa zwar immer wieder Kritik vernehmen können, aber gleichzeitig wurde er hofiert, mal im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsabkommen, mal als wichtiger strategischer Partner der NATO. Mit diesem Doppelspiel der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten gegenüber der Türkei muss nun endlich Schluss gemacht werden. Waffenexporte an die Türkei müssen komplett unterbunden werden. Kein Land hat das Recht, in die territoriale Verfasstheit eines anderen Landes einzugreifen. Es braucht klare Ansagen der Weltgemeinschaft, dass dies ein Verstoß gegen das Völkerrecht ist.

Wenn es in dieser Region eine Kraft gibt, die demokratisch-fortschrittlich ist, so ist das die Selbstverwaltungsstruktur in Rojava. Diese darf nicht im Stich gelassen, sondern die Selbstverwaltungsstrukturen müssen endlich anerkannt werden. Die stattdessen betriebene Kriminalisierung kurdischer Organisationen in Europa stellt hingegen gerade in der jetzigen Situation eine massive Unterstützung der Erdoğan-Administration dar und behindert die notwendige Solidarität mit der angegriffenen kurdischen Bevölkerung und den demokratischen Kräften Syriens. Diese haben den IS-Terror gestoppt und zurückgedrängt. Wer keine Restabilisierung des sogenannten Islamischen Staates will, muss jetzt mit den Kurd*innen solidarisch sein.