IT-Rüstungsunternehmer als Industriekommissar

Anlässlich der Benennung des ehemaligen französischen Wirtschaftsministers Thierry Breton zum Kandidaten für den Posten als Industriekommissar, erklärt Özlem Alev Demirel, Europaabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung des Europäischen Parlaments (SEDE):

Erneut beweist Emmanuel Macron mit seiner Nominierung kein glückliches Händchen. Erst wird seine Kandidatin Sylvie Goulard unter anderem wegen Korruptionsvorwürfen abgelehnt und nun zaubert er mit Thierry Breton eine Person aus dem Hut, bei der handfeste Interessenskonflikte bereits vorprogrammiert sind.

Thierry Breton würde als Industriekommissar auch der neuen ‚Generaldirektion Verteidigungsindustrie und Weltraum‘ vorstehen und damit auch über die Vergabe der ihr zugeordneten Gelder entscheiden. Dazu gehört vor allem der ‚Europäische Verteidigungsfonds‘, für den im nächsten EU-Haushalt 13 Milliarden Euro vorgesehen sind. Davon sind mindestens fünf bis zehn Prozent für ‚disruptive Verteidigungstechnologien‘ eingestellt. Dabei handelt es sich um Technologien, von denen man sich radikale Veränderung von Theorie und Praxis der Kriegsführung verspricht.

Führend bei derlei Technologien sind in der Regel rüstungsnahe IT-Unternehmen wie Atos, das für die französische Armee etwa das ‚Bull Battle Management System‘ zur Automatisierung der Kriegstaktik entwickelt hat. Atos ist auch der führende Cloud-Dienstleister der Bundeswehr und betreut damit die Schnittstelle, über die eine Verbindung von Kräften im Feld mit künftigen autonomen Systemen erfolgen wird.

Thierry Breton ist bis heute Chef von Atos, wodurch sich Interessenskonflikte wohl kaum vermeiden lassen werden, sollte er vom Parlament als Industriekommissar bestätigt werden. Breton ist Chef eines Unternehmens, das zu den führenden Profiteuren der von ihm verwalteten Gelder zählen könnte. So ein Kandidat ist in meinen Augen untauglich für den Posten als Industriekommissar.