Bihać: im Festungsgraben der Union – EP-Linksfraktion entsendet Delegation
Anlässlich der katastrophalen Lage an der bosnisch-kroatischen Grenze bricht an diesem Mittwoch (11.12.) eine Delegation der EP-Linksfraktion GUE/NGL in die Lager bei Bihać auf, darunter auch Vucjak. Die Abgeordneten werden sich ein genaueres Bild von der Situation machen, Gespräche suchen und direkt Hilfe leisten. Freiwillige Helfer*innen aus anderen Staaten wurden von den nationalen Behörden aus den Camps verwiesen, sodass nur mehr das örtliche Rote Kreuz und lokale Freiwillige anwesend sind. Die Situation in den Lagern ist derart unzumutbar und im Widerspruch zu jeglichen Standards, dass internationale Hilfe ausgeschlossen ist. Für DIE LINKE. nehmen Cornelia Ernst und Özlem Alev Demirel an dieser Reise teil, sie kommentieren die Lage:
„Diese Lager müssen schnellstmöglich aufgelöst und die dort
festsitzenden Menschen umgehend von EU-Staaten aufgenommen werden. Die
Situation an der bosnisch-kroatischen Grenze ist der nächste furchtbare
Brennpunkt als Folge der EU-Grenzpolitik. Kroatien stellt
nicht nur Grenzschutz über Menschenrechte, die dortigen Behörden setzen
gezielt Schutzsuchende aus Afghanistan, Syrien oder afrikanischen
Staaten illegal an der bosnischen Grenze aus, in der Folge landen sie
dann in diesen desaströsen Lagern. Dort müssen die
Menschen bei Temperaturen weit unter null Grad in einfachen Zelten
hausen und werden ohne ausreichende Versorgung mit Nahrungsmitteln oder
Medikamenten alleingelassen. Damit toleriert die EU die
völkerrechtswidrigen Push-Backs des EU-Mitglieds Kroatien und
lässt diese Menschen am langen Arm verhungern. Außerdem setzt sie die
Menschen extremen gesundheitlichen Risiken aus, indem sie auf einer
Müllhalde neben einem Minenfeld zurückgelassen werden. Das ist nicht
länger hinzunehmen, denn diese Situation wäre vermeidbar,
wenn wir endlich das gescheiterte Dublin-System abschaffen würden. Doch
die EU-Regierungen blockieren seit zwei Jahren eine Reform der
Dublin-Verordnung und weigern sich, endlich eine faire Verteilung von
Flüchtlingen zu beschließen,“ kommentiert Cornelia
Ernst.
Özlem Alev Demirel
ergänzt: „Es ist kaum mitanzusehen, wenn Menschen an der Grenze der EU
wie Dreck behandelt werden, und doch häufen sich diese Fälle von Monat
zu Monat. Die Spitzen der EU kümmert die Lage
offensichtlich wenig. Sie lassen die Situation bewusst eskalieren
anstatt Sofortmaßnahmen zu treffen. Wir fordern, die kroatisch-bosnische
Grenze unverzüglich für diese Menschen zu öffnen, legale Fluchtwege zu
einzurichten und den Menschen reguläre Asylverfahren
zu ermöglichen. Wir werden die Zeit vor Ort nutzen, um sowohl den
politischen Druck bei den Verantwortlichen zu erhöhen, aber auch
Gespräche mit NGOs, ehrenamtlichen Helfer*innen und Geflüchteten führen.
Allen, die dort akute Hilfe leisten, gehört unsere Hochachtung
und unser größter Dank – egal ob im Mittelmeer oder an den
EU-Außengrenzen: Sie sind die wahren Retter*innen der so genannten
europäischen Werte.“
Hintergrund: Das Lager Vucjak ist auf einer Mülldeponie
errichtet worden und fasst nunmehr rund 1.000 Geflüchtete, meist junge
Männer, die in Zelten der Kälte trotzen müssen. Die Versorgung mit
Medikamenten und Nahrung ist katastrophal, doch
sehen sich weder Kroatien noch die EU imstande, Bosnien bei der
Bewältigung dieser humanitären Katastrophe zu entlasten.
Bürgerrechtler*innen schätzen, dass 2018 rund 10.000 Geflüchtete illegal
nach Bosnien zurückgeschoben wurden („Push-Backs“). Die Delegation
der EP-Linksfraktion möchte Hilfe vor Ort leisten und trifft sich dazu
mit den wenigen verbliebenen und geduldeten Helfern und Helferinnen. Die
Delegation bricht am kommen Mittwoch (11. Dezember) auf und kehrt am
Samstag (14. Dezember) zurück. Für weiterführende
Informationen, das detaillierte Programm und zusätzliche Auskünfte
stehen wir jederzeit gern zur Verfügung.