Europäische Mindestlohninitiative muss Priorität der deutschen EU-Ratspräsidentschaft werden!

Neue Studie von DIE LINKE im Europaparlament:
Mindestlöhne vielfach auf Armutsniveau

In vielen EU-Staaten inklusive Deutschland sind die Mindestlöhne nicht existenzsichernd und liegen auf einem Niveau unterhalb der Armutsschwelle. Dies ist das Ergebnis einer im Auftrag der Delegation DIE LINKE im Europaparlament erstellten Studie „Zwischen Armutslöhnen und Living Wages: Mindestlohnregime in der Europäischen Union“, die heute veröffentlicht wird.
Die von Prof. Dr. Thorsten Schulten, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung) und Dr. Torsten Müller (Europäisches Gewerkschaftsinstitut ETUI, Brüssel) vorgelegte Untersuchung umfasst eine ausführliche Analyse der verschiedenen Mindestlohnsysteme in allen 27 EU-Staaten plus Großbritannien. Damit liegt zum ersten Mal ein kompletter Überblick über die aktuelle Mindestlohn-Situation in der gesamten EU vor.

Nach Ansicht von Özlem Alev Demirel (DIE LINKE), Abgeordnete im Europäischen Parlament und Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales (EMPL) zeigen die Ergebnisse der Studie eindeutig, wie drängend das Problem von „Armut trotz Arbeit“ in der EU ist. Demirel:

„Schon jetzt leben EU-weit 20,5 Millionen Beschäftigte in einem von Armut bedrohten Haushalt. Angesichts der gegenwärtigen Wirtschaftskrise droht diese Zahl sogar noch weiter zuzunehmen.“

Deshalb begrüßt Özlem Alev Demirel die aktuelle Initiative der Europäischen Kommission für faire Mindestlöhne und forderte die deutsche Bundesregierung auf, im Rahmen der EU-Präsidentschaft einen verbindlichen europäischen Rechtsrahmen für armutsfeste Mindestlöhne voranzubringen.
„Das Ziel einer solchen Initiative“, so Demirel, „muss darin bestehen, alle Mindestlöhne auf ein Niveau oberhalb der relativen Armutsschwelle von 60% des nationalen Brutto-Median-Lohn anzuheben. Für Deutschland, wo der Mindestlohn lediglich bei etwa 46 % des Medianlohns liegt, würde dies eine Anpassung auf 12 Euro pro Stunde notwendig machen.“

In der großen Mehrzahl der EU-Staaten liegen die Mindestlöhne gegenwärtig  – zum Teil deutlich – unterhalb der Schwelle von 60 % des nationalen Medianlohns, wie in dieser Abbildung aufgezeigt:

Der relative Wert des Mindestlohns (Kaitz-Index) in der EU und Großbritannien
Mindestlohn in % zum Medianlohn von Vollzeitbeschäftigten, 2018

„Vor diesem Hintergrund“, so die Autoren der Studie, Prof. Dr. Thorsten Schulten und Dr. Torsten Müller, „ist es nicht verwunderlich, dass aktuell in vielen europäischen Ländern, intensive Auseinandersetzungen um die Höhe des Mindestlohns geführt werden. Vielfach treten Gewerkschaften, politische Parteien und andere soziale Bewegungen für eine deutliche Erhöhung des Mindestlohns ein, um diesen auf ein existenzsicherndes und armutsfestes Niveau anzuheben. Deshalb ist die europäische Mindestlohninitiative nicht nur eine abstrakte Idee aus Brüssel, sondern Ausdruck realer sozialer Bewegungen und Auseinandersetzungen in ganz Europa.“

Die vollständige Studie ist hier zu finden:

Thorsten Schulten / Torsten Müller
Zwischen Armutslöhnen und Living Wages:
Mindestlohnregime in der Europäischen Union
herausgegeben von Özlem Alev Demirel MdEP

Thorsten Schulten / Torsten Müller
Between Poverty Wages And Living Wages
Minimum wage regimes in the European Union
Published by Özlem Alev Demirel MdEP