SPD-Pläne für EU-Armee: Reaktionärer Schub in Richtung EU-Militarisierung
Zu Plänen aus der SPD-Bundestagsfraktion, eine EU-Armee unter Kontrolle der EU-Kommission ins Leben zu rufen, erklärt Özlem Alev Demirel, stellvertretende Vorsitzende im Ausschuss für Sicherheit und Verteidigung des Europäischen Parlaments (SEDE):
„Mit ihrem ‚Diskussionspapier 28. Armee‘, über das Medien am Wochenende berichteten, orientiert sich die Arbeitsgemeinschaft Sicherheits- und Verteidigungspolitik der SPD-Bundestagsfraktion an der schlechten Tradition militaristischen Denkens und greift mit dem Vorschlag einer Europäischen Armee auf eine ebenso alte wie falsche Forderung zurück. ‚Revolutionär‘, wie die SPD-Militarist*innen meinen, ist an ihrem Papier nichts, gefährlich hingegen alles.“
„Die aus der SPD vorgeschlagene EU-Armee soll dem Zugriff der Nationalstaaten komplett entzogen sein und direkt der Europäischen Kommission unterstehen, wobei sie von einem Verteidigungskommissar geleitet würde. Anfangs soll sie 1.500 Soldat*innen umfassen, perspektivisch sollen der Kommission aber inklusive Unterstützungskomponenten 8.000 Soldat*innen an die Hand gegeben werden. Die EU-Armee soll auf Antrag der Kommission eingesetzt werden können, sofern die EU-Abgeordneten dem mit einfacher Mehrheit zustimmen. Die politische Kontrolle wäre von einem neu zu gründenden Verteidigungsausschuss im EU-Parlament auszuüben.“
„Mit solch neuen Strukturen würde endgültig mit den letzten Resten der einstmaligen Zivilmacht EU aufgeräumt werden. Entwickelt werden solle stattdessen ‚ein gemeinsames Sicherheits- und Bedrohungsverständnis‘. Nicht um den Frieden, sondern um ‚eine gerechte Lastenteilung und eine faire Auftragsvergabe an die wehrtechnische Industrie in den beteiligten Staaten‘ sorgen sich die Aufrüstungs-Befürworter*innen in der SPD.“
„Nicht Frieden und mehr Abrüstung, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit das genaue Gegenteil wäre die Folge einer solchen EU-Armee. Es darf nicht vergessen werden, dass Kriege in der Regel nicht für Menschrechte und Werte geführt werden, sondern für ökonomische und geostrategische Machtinteressen. Wenn man bedenkt, dass EU-Staaten in Konflikten auch immer wieder unterschiedliche Seiten unterstützen – man denke an Frankreich und Italien im Libyen-Krieg – stellt sich zudem die Frage, wessen Interessen eine EU-Armee dienen soll. Dass den SPD-Abgeordneten dann auch noch in der sensiblen Frage von Krieg und Frieden ein einfaches Mehrheitsvotum genügen würde, um die Kommissions-Armee in den Krieg zu schicken, während in sämtlichen anderen Feldern mit qualifizierter Mehrheit oder gar einstimmig abgestimmt werden muss, spricht Bände.“
„Es ist für eine konsequente Friedenspolitik nicht zielführend, zusätzlich zu den ohnehin schwer demokratisch kontrollierbaren, nationalen Militärapparaten noch eine weitere Berufsarmee auf EU-Ebene hinzuzufügen. Auch die Überwindung von Nationalismen wird nicht durch weitere Militarisierung gelingen können. Die Sozialdemokrat*innen sollten ihre Energien darauf richten, konstruktive Vorschläge auszuarbeiten, wie Rüstungskontrolle und Abrüstung vorangebracht werden können, anstatt sich einmal mehr als Speerspitze des EU-Militarisierungsprozesses profilieren zu wollen.“