Rüstungsexporte: SIRPI-Zahlen zeigen Scheitern der EU-Exportrichtlinien
Anlässlich der heute veröffentlichten Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstitutes (SIPRI) zu den weltweiten Rüstungsexporten erklärt die Europaabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung des Europäischen Parlaments, Özlem Alev Demirel (DIE LINKE):
Die heute veröffentlichten Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstitutes (SIPRI) dokumentieren einmal mehr, dass die Rüstungsexportrichtlinien der Europäischen Union löchrig wie ein Fischernetz sind. Der rasante Anstieg der deutschen und französischen Waffenausfuhren unterstreicht, dass hier dringend etwas geschehen muss, damit eine Rüstungsexportkontrolle und der so genannte Gemeinsame Standpunkt nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität existiert.
Laut SIPRI stagnierten die globalen Waffenverkäufe zwischen 2016 und 2020 gegenüber dem vorherigen Fünfjahreszeitraum zwar, allerdings auf hohem Niveau, nämlich 12 Prozent über dem der Jahre 2006 bis 2010. Den unrühmlichen Spitzenplatz behaupten dabei weiter die USA (37%) vor Russland (22%), doch dann kommen auch schon Frankreich (8,2%) und Deutschland (5,5%) noch vor China (5,2%). Während dabei die Waffenverkäufe Russlands (-22%) und Chinas (-7,8%) zurückgingen, stiegen die der USA (15%) deutlich an. Doch dies wird von den Zuwächsen Deutschlands (21%) und Frankreichs (44%) noch einmal deutlich übertroffen.
Dies zeigt deutlich, dass es augenscheinlich möglich ist, die auf dem Papier eigentlich relativ strengen europäischen Rüstungsexportrichtlinien zu umgehen. Das ist allerdings auch kein Wunder, denn es fehlt sowohl eine unabhängige Instanz, die deren Einhaltung überwacht, als auch jede Möglichkeit, Staaten, die dagegen verstoßen, mit Sanktionen zu bestrafen. Beides wurde von der Linksfraktion im Europäischen Parlament wiederholt eingefordert, dass der Rat aber in dieser Richtung außer wohlfeiler Absichtserklärungen kaum Schritte unternommen hat, rächt sich nun in Form der heute veröffentlichten SIPRI-Zahlen.
Mit der neuen Europäischen Friedensfazilität und den geplanten Rüstungsgroßprojekten Kampfpanzer und Kampfflugzeug setzt die EU ohnehin voll auf Exporte. Insofern liegt der Verdacht nahe, dass wirklich wirksame Rüstungsexportrichtlinien ohnehin schlichtweg nicht gewünscht sind. Dann sollte die Europäische Union aber wenigstens so ehrlich sein und damit aufhören, ihr angeblich so restriktives Rüstungsexportkontrollsystem andauernd über den grünen Klee zu loben!
Hintergrund:
Rüstung vor Richtlinien: Machtpolitik und Rüstungsexporte der Europäischen Union, Europäische Studien zur Außen- und Friedenspolitik, herausgegeben von Ö̈zlem Alev Demirel MdEP, Nr. 2 / 2020