FCAS: Leuchtturm einer fehlgeleiteten EU-Rüstungspolitik

Özlem Alev Demirel, stellvertretende Vorsitzende im Ausschuss für Sicherheit und Verteidigung und friedenspolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt zur heutigen Freigabe der Gelder für die nächste Projektphase des „Future Combat Air Systems“ (FCAS) durch den Deutschen Bundestag:

„Als potenziell größtes Rüstungsprojekt Europas steht das FCAS auch gleichzeitig für fast alles, was in der EU-Rüstungspolitik schon seit einiger Zeit schiefgeht: Milliarden werden für gigantische Rüstungsprojekte ausgegebene, die die Welt nicht sicherer machen. Doch wenn die Pandemie Eines gezeigt hat, dann: Echte Sicherheit für die Menschheit wären Investitionen in ein gut ausgestattetes Gesundheitssystem!“

„Das FCAS ist ein wesentlicher Baustein für den Aufbau einer deutsch-französisch dominierten europäischen Rüstungsunion. Das FCAS steht für den nächsten Schritt in Richtung einer vollautomatisierten KI-Kriegsführung und es wird einen dreistelligen Milliardenbereich verschlingen. Dennoch ist damit zu rechnen, dass das aktuell von Frankreich, Deutschland und Spanien verfolgte Projekt bald offiziell unter EU-Fahne verfolgt wird und die erheblichen finanziellen Risiken dann teils über den öffentlichen Haushalt der EU, den Europäischen Verteidigungsfonds, abgesichert werden.“

Hintergrund:

Das „Future Combat Air System“ ist ein Luftkampfsystem, in dessen Zentrum ein Kampfflugzeug stehen soll, das von bewaffneten und unbewaffneten Drohnen begleitet wird. Zudem ist es nuklear aufrüstbar. Die Baukosten bis zur anvisierten Erstauslieferung 2040 werden zwischen 100 Mrd. Euro und 300 Mrd. Euro geschätzt. Heute gab nun der Bundestag den deutschen Anteil von 4,5 Mrd. Euro (von insgesamt 13 Mrd. Euro) frei, die den Zeitraum bis zum Bau eines Prototyps 2027 abdecken sollen. 

Geht es nach den Initiatoren des Projektes, Frankreich und Deutschland, soll das FCAS als europaweites Standardsystem etabliert werden und von dort aus auch mit anderen Großmächten in Konkurrenz um die weltweiten Exportmärkte treten. 

Perspektivisch ist deshalb auch damit zu rechnen, dass das FCAS zu einem offiziellen PESCO- („Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“) Projekt der Europäischen Union gemacht wird. Dies dürfte wohl über eine Aufnahme in die sogenannte „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ geschehen, ein relativ neuer Mechanismus, der unter anderem der Anbahnung länderübergreifender EU-Rüstungsprogramme dient. Ergänzend dürfte hinzukommen, dass Teile der Forschungs- und Entwicklungskosten über den neuen Europäischen Verteidigungsfonds (EVF) finanziert werden. Der EVF ist ein Teil des EU-Haushaltes, über den bis 2027 knapp 8 Mrd. Euro für länderübergreifende EU-Rüstungsprojekte ausgeschüttet werden sollen. 

In den europäischen Machtkorridoren ist es eine fixe Idee, dass die Größe der heimischen Rüstungsindustrie direkt mit den Einflussmöglichkeiten auf der Weltbühne zusammenhängen würde. Für diese Illusion ist die EU bereit, Milliardenbeträge zu verschleudern und sämtliche sich bereits heute abzeichnenden Risiken zu ignorieren – nicht einmal der endverhandelte Vertrag lag den Abgeordneten bei der Abstimmung vor. Weltpolitische Gestaltungsfähigkeit ist dringend nötig, zum Beispiel in der Klimapolitik.