Indo-Pazifik-Strategie: EU-Militärpräsenz als Brandbeschleuniger

Özlem Alev Demirel, außen- und friedenspolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt zur heute veröffentlichten Indo-Pazifik-Strategie der EU:

„Im Indo-Pazifik braut sich ein geopolitischer Sturm zusammen. Die Gefahr, dass es dort zu einer bewaffneten Auseinandersetzung zwischen den USA und China kommt, ist real und wächst an. In dieser Situation wäre es zwingend geboten, dass die EU diplomatische Initiativen voranbringt, anstatt mit ihrer Indo-Pazifik-Strategie ebenfalls auf die militärische Karte zu setzen – das ist nicht nur enttäuschend, sondern auch brandgefährlich.“

„Der Indo-Pazifik entwickelt sich derzeit zum bedeutendsten Wirtschaftsraum der Welt. Hinzu kommen viele der wichtigsten globalen Schifffahrtsrouten und eine ganze Reihe von Territorialkonflikten im Südchinesischen Meer. Die USA bauen ihre militärische Präsenz in der Region systematisch immer weiter aus, was eine gefährliche Rüstungsspirale mit China befeuert. Gestern noch sprach EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Union von der ‚Ära regionaler Rivalitäten und großer Mächte‘ und bezeichnete in diesem Zusammenhang die neue Indo-Pazifik-Strategie als ‚Meilenstein‘. Und heute entpuppt sich diese Strategie als plumper Versuch, im Verbund mit den USA, aber durchaus auch aus eigenen Interessen, den europäischen Hut in den ohnehin bereits umkämpften indopazifischen Ring zu werfen. Denn die heute in Form einer Gemeinsamen Mitteilung der Kommission und des EU-Außenbeauftragten veröffentlichte EU-Indo-Pazifik-Strategie visiert eine dauerhafte EU-Militärpräsenz in der Region an.“

„Diese Präsenz wird nicht zuletzt mit dem Schutz der sogenannten ‚Regelbasierten Ordnung‘ begründet, insbesondere chinesische Gebietsansprüche werden zurückgewiesen. Aber auch hier bleibt unerwähnt, dass Großbritannien durch sein Beharren auf dem Militärstützpunkt ‚Diego Garcia‘ mit Unterstützung der USA und Billigung der EU-Staaten eben jene viel beschworene ‚Regelbasierte Ordnung‘ in derselben Region eklatant verletzt. Es ist diese Heuchelei, China – teils ja völlig zu Recht – Verletzungen internationalen Rechts vorzuwerfen, sich gleichzeitig aber keinen Deut besser zu verhalten, die besonders problematisch ist. Dies gilt umso mehr, wenn hierüber dann auch noch ein Ausbau der Militärpräsenz gerechtfertigt wird.“

„Dieser Ausbau soll unter anderem über häufigere Manöver erfolgen, vor allem soll der Indo-Pazifik aber zu einem Gebiet vorrangigen maritimen Interesses erklärt werden. Dies würde erstmals den Weg für eine dauerhafte Militärpräsenz unter EU-Flagge ebnen. Damit forciert auch die EU die stattfindende Militarisierung der Region, die jede Aussicht auf diplomatische Initiativen im Keim zu ersticken droht. Wenn es das Ziel der Europäischen Union war, den Rüstungswettlauf weiter anzuheizen und zur Verfestigung der Fronten beizutragen, dann hat sie mit ihrer heutigen Indo-Pazifik-Strategie ganze Arbeit geleistet.“