Weltungleichheitsbericht: Vertiefte Ungleichheit bedeutet vertiefte Ungerechtigkeit

Özlem Alev Demirel, sozial- und arbeitsmarktpolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europäischen Parlament, erklärt zum aktuellen Bericht zur weltweiten Ungleichheit für das Jahr 2022, der unter anderem von Thomas Piketty veröffentlicht wurde:

„Ein weiteres Mal verdeutlicht der Bericht, dass ungleiche Verteilung von Reichtum und Privateigentum an entscheidenden Produktionsmitteln immer weiter bestehende Ungerechtigkeiten mit sich bringt und sich hauptsächlich nur in eine Richtung entwickelt: während die Reichen reicher werden, werden die Armen zahlreicher. So haben im Zuge der Corona-Krise fast ausschließlich Multimillionäre und Milliardäre finanziell profitiert. Noch nie zuvor gab es einen so steilen Vermögensanstieg unter den Superreichen wie während der Pandemie, während die Krisenkosten den ärmeren Teil der Weltbevölkerung in den Ruin stürzten.“

„Die Ungleichheit wächst immer weiter. Zwar konnten die sogenannten Schwellenländer im Vergleich zu den reichen Industrienationen ein wenig aufholen, aber insbesondere die Länder des globalen Südens gelten als abgehängt.“

„Im Binnenverhältnis der Staaten wächst die Ungleichheit noch schneller. Mittelschichten erodieren immer weiter, während das Vermögen der Superreichen explodiert. Auf jedem Kontinent besitzt die ärmere Hälfte der Bevölkerung gerade einmal fünf Prozent des Vermögens, während die reichsten zehn Prozent bis zu 80 Prozent des Vermögens anhäufen. Mit der ungleichen Vermögensverteilung unmittelbar verknüpft ist auch der ungleiche Ausstoß klimaschädlicher Gase. Nicht nur stoßen die wohlhabenden Nationen unverhältnismäßig viel CO2 aus gegenüber dem globalen Süden. Auch innerhalb der Industrienationen zeigen sich drastische Unterschiede: Der Bericht weist auf, dass das reichste Prozent der Bevölkerung für 16 Prozent der Emissionen verantwortlich ist. Dies ist besonders zu betonen, da die Kosten zur Vermeidung der Klimakatastrophe von der Gesamtbevölkerung getragen werden. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung wird durch den unverhältnismäßigen Verbrauch einer Klasse von Superreichen noch einmal zusätzlich belastet.“

„Bemerkenswert ist auch der Vergleich zwischen öffentlichen Haushalten und privaten Vermögen. In den reicheren Ländern konzentriert sich das gesamte Vermögen in privater Hand, während die öffentlichen Institutionen verschuldet sind. Auch dies verdeutlicht ein weiteres Mal, dass politische Entscheidungen für Deregulierungen und Liberalisierungen falsch waren. Vielmehr braucht es wieder strengere Regeln für das Kapital und Steuergerechtigkeit, damit Staaten in ihre Sozialprogramme und öffentlichen Infrastrukturen investieren können. Die empirischen Belege sprechen eine eindeutige Sprache.“

Hintergrund:

Der Bericht zur weltweiten Ungleichheit wird jährlich durch das „World Inequality Lab“ herausgegeben und durch das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen gefördert.

Der Bericht lässt sich auf folgender Webseite einsehen: https://wir2022.wid.world/