EU-Verteidigungspaket: Rüstung ohne Mehrwert(steuer)

Özlem Alev Demirel, friedenspolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt zum gestern vorgelegten Verteidigungspaket der EU-Kommission und zum Plan, die Mehrwertsteuer für Rüstungskooperationsprojekte abzuschaffen:

„Die EU-Kommission kommt auf immer abenteuerlichere Ideen, um die Aufrüstung der Europäischen Union voranzutreiben. Einen vorläufigen Höhepunkt stellt hier das gestern präsentierte Verteidigungspaket der Kommission dar, in der vor allem eine Mehrwertsteuerbefreiung für europäische Rüstungsgroßprojekte angekündigt wird. Es ist verrückt: während Grundnahrungsmittel zumindest mit reduziertem Satz besteuert werden, werden Rüstungsgüter über die Mehrwertsteuerbefreiung subventioniert. Die Europäische Kommission sollte sich schleunigst über ihre Prioritäten Gedanken machen – und sie dann vom Kopf auf die Füße stellen!“

„Das Verteidigungspaket besteht aus zwei Mitteilungen, einer zum ‚Beitrag der Kommission zur Stärkung der europäischen Verteidigung‘ und einer mit einem ‚Fahrplan für kritische Technologien für Sicherheit und Verteidigung‘. Vor allem die militärische Nutzung des Weltalls und die Entwicklung neuer Kriegstechnologien rund um das Thema künstliche Intelligenz sollen damit vorangetrieben werden. Insbesondere will die Kommission die Anbahnung länderübergreifender Rüstungsgroßprojekte erleichtern. Zu diesem Ziel verankerte sie mit dem EU-Verteidigungsfonds bereits seit diesem Jahr erstmals einen offiziellen Rüstungshaushalt im EU-Budget. Über ihn soll im Zeitraum zwischen 2021 und 2027 die Erforschung und Entwicklung länderübergreifender Rüstungsprojekte mit knapp acht Milliarden Euro gefördert werden.“

„Die nun präsentierten Pläne der EU-Kommission sind als Ergänzung dieser Bemühungen zu verstehen. Deshalb kündigte die Kommission nun an, bis Anfang 2023 einen Mehrwertsteuerverzicht für Rüstungsgroßprojekte vorzuschlagen, die über den EU-Verteidigungsfonds finanziert werden. Kein Wunder also, dass die Kommissionspläne vom größten EU-Rüstungslobbyverband, der ASD, euphorisch begrüßt wurden. Aussagen der Kommission, die Rüstungsindustrie müsse sich auf eine sichere Finanzierungsmöglichkeit verlassen können, seien auch mit Blick auf die aktuell laufenden Verhandlungen über die geplante ‚soziale EU-Taxonomie‘ sehr zu begrüßen, so ASD-Generalsekretär Jan Pie. Denn die Rüstungsindustrie läuft aktuell dagegen Sturm, dass zumindest einige ihrer Produkte am Ende der derzeitigen Diskussion um diese EU-Taxonomie als sozial schädlich eingestuft werden könnten und ihnen damit der Zugang zu den Finanzmitteln vieler Fonds verwehrt würde. Dass die Kommission mit ihrem Verteidigungspaket nun ihre Bereitschaft unter Beweis stellt, der Rüstungsindustrie den roten Teppich auszurollen, lässt deshalb auch für die Auseinandersetzungen um die EU-Taxonomie nichts Gutes erwarten.“