EU setzt auf Offensive statt Diplomatie

Özlem Alev Demirel, außenpolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt zur Haltung und zu den Maßnahmen der EU im Ukraine-Krieg:

„Die Europäische Union hat als Reaktion auf den Angriff auf die Ukraine nicht alles mobilisiert, was sie hat, aber doch eine ganze Menge: von Sanktionen bis hin zur Lieferung schwerer Waffen im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität reicht die Spannbreite der EU-Maßnahmen.“

„Eine Sache, die eigentlich jetzt von größte Dringlichkeit wäre, fehlt aber besorgniserregender Weise völlig. Darauf hat unter anderem das Internetportal ‚Bruxelles2‘ hingewiesen: ‚Bedauerlich ist nur, dass die Europäische Union trotz aller Bemühungen eines jeden Einzelnen paradoxerweise nicht das tut, was ihre Stärke ist: die Diplomatie. Es wurde kein Sonderbeauftragter ernannt. Es wurde kein Team von Unterhändlern gebildet. Kein Minister oder Staatschef wurde eindeutig benannt. Und vor allem wurde keine klare Position zur Beilegung des Konflikts formuliert.‘ Dabei ist die zentrale Forderung der Ukraine selbst, einen Waffenstillstand herbeizuführen und den russischen Truppenabzug zu bewirken.“

„Während der Debatte im Europaparlament gestern, wie auch in Äußerungen von Kommission, Rat und Bundesregierung am Sonntag, kein Wort zu Diplomatie oder Verhandlungen, keine eigenen Bemühungen für einen Waffenstillstand. Stattdessen Durchhalteparolen an die Adresse der Ukraine.“

„Gestern erklärte die Ukraine, sie würde es begrüßen, wenn China bei einem Waffenstillstand vermitteln könnte. Dies scheint Bundeskanzler Scholz nun dazu bewogen zu haben, auch eigne diplomatischen Kanäle wieder öffnen zu wollen. Heute signalisierte er erstmals seit dem russischen Angriff, dass man über eine politische Lösung nachdenken müsse.“

„Bisher hat man sich in Berlin und Brüssel anscheinend lieber mit einer geopolitischen Perspektive positioniert, statt alles dafür zu tun, das Leiden der ukrainischen Bevölkerung umgehend zu beenden. Kann es etwa sein, dass man dieses Leid erst mal dafür nutzen wollte, die lange angestrebte Militarisierung und Aufrüstung in der EU voranzubringen? Wer gestern dem Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, genau zugehört hat, kann diese Frage nur mit Ja beantworten.“

„Die Folge könnte sein, dass militärische Eskalation und Krieg als Mittel der Politik in Europa wieder zur Normalität werden. Das muss im Interesse der Zukunft unserer Kinder verhindert werden! Die Völker Europas und der Welt wollen in Frieden und sozialer Sicherheit leben, sie wollen keine Aufrüstung und Militarisierung. Die Zäsur, die wir aktuell im politischen Diskurs erleben, wird diese Welt unfriedlicher machen. Jetzt müssen endlich alle politisch-diplomatischen Möglichkeiten für einen Waffenstillstand genutzt werden.“

„Eine Besatzungsmacht Russland in der Ukraine ist dabei nicht akzeptabel. Die russischen Truppen müssen aus der Ukraine vollständig abgezogen werden. Ein dauerhafter Frieden muss für die Ukraine und Gesamteuropa gefunden und politisch gesichert werden.“