Neue EU-Sanktionen bleiben Symbolpolitik

Özlem Alev Demirel, außen- und sicherheitspolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt zu den neuen Sanktionen der EU gegen Russland:

„Die EU hat auf die blutigen und tiefberührenden Ereignisse in Butscha mit einer neuen Runde der Sanktionen reagiert. Klar ist, dass die Verbrechen von Butscha schnell unabhängig untersucht und entsprechend geahndet werden müssen. Alle Kriegsverbrechen und Verbrechen an der Menschlichkeit müssen bestraft werden. Beschlossen wurde ein Importstopp von Kohle aus Russland im Umfang von vier Milliarden Euro. Des Weiteren empfiehlt die EU-Kommission ein Embargo auf andere russische Energieträger wie Gas oder Öl.“

„Kommissionspräsidentin von der Leyen übertreibt allerdings, wenn sie den Kohleexport als ‚wichtige Einnahmequelle Russlands‘ bezeichnet. Nur 3,5 Prozent der russischen Exporteinnahmen sind auf Kohle zurückzuführen und von diesem kleinen Anteil geht nur rund ein Viertel auf das Konto der europäischen Staaten. Es sollte für Putins Regime nicht allzu schwer sein, diesen Verlust durch andere Partner auf dem Weltmarkt auszugleichen. Die Verhandlungen bspw. mit Indien laufen bekanntlich bereits.“

„Dieser Krieg wird für die unschuldigen Menschen in der Ukraine von Tag zu Tag schlimmer, indem er außerordentlich blutige und dramatische Formen annimmt. Bei diesen schrecklichen Ereignissen bleibt es dennoch das Gebot der Stunde, die Situation möglichst nüchtern zu betrachten, um zu den richtigen Schlüssen zu kommen. Eine Verschärfung der Sanktionen, auch wenn sie sogar die Energielieferungen aus Russland direkt beenden sollten, wird den blutigen Kämpfen auf dem Schlachtfeld kein Ende bereiten. Die Wirkungen der Sanktionen werden kurzfristig leider nicht mehr sein, als der berechtigten Empörung und dem Unmut in der Öffentlichkeit durch politisches Handeln vorgeblich Genüge zu tun.“

„Die tiefen Einschnitte in die russische Wirtschaft, so ist vielmehr zu befürchten, werden Putins Propaganda im Innern letzten Endes stärken. Während die Bevölkerung in Russland durch die Sanktionen leidet, nutzen die Oligarchen ihr Geld und ihre Möglichkeiten in anderen Ländern unterzukommen und ihr Leben in Saus und Braus weiterzuleben. Die nun angekündigten Sanktionen wiederum treffen auch die Bevölkerung in der EU durch massive Preissteigerungen.“

„In einem solch brutalen Krieg darf es nicht um Symbolpolitik gehen. Auch ist es nicht hinnehmbar, dass einige Staaten den Angriffskrieg Russlands für eigene geopolitische Ziele verwerten. Was wir dringend brauchen – und die blutigen Ereignisse in Butscha unterstreichen dies erneut – ist ein umgehender Waffenstillstand! Nur ein Waffenstillstand kann dem Morden ein Ende setzen; und nichts anderes! Nicht nur die Europäische Union, sondern auch die Vereinten Nationen sind jetzt dringend gefragt, alle möglichen diplomatischen Kanäle zu aktivieren, um Verhandlungen unter Waffenstillstand herbeizuführen.“

„Des Weiteren steht es für mich außerfrage, dass die Ereignisse in Butscha im Auftrag der UN von unabhängigen Stellen eingehend untersucht werden müssen. Russlands Erklärungen und Gegenbeschuldigungen diesbezüglich sind inhaltslos. Die Verantwortlichen müssen auf jeden Fall zur Rechenschaft gezogen werden.“