Über zwei Milliarden Euro für Munition – Frieden nicht gewollt
Özlem Alev Demirel, friedens- und außenpolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt zum bevorstehenden EU-Ratsbeschluss zur Munitionsbeschaffung für die Ukraine:
„Am Donnerstag wird ein weiterer Baustein für die EU- Militärunion zementiert. Das Leid der Menschen in der Ukraine und die Verunsicherung sowie das Mitgefühl der Bevölkerung in der Europäischen Union wird schamlos ausgenutzt, um die EU-Militärunion weiter zu institutionalisieren und die europäische Rüstungsindustrie zu stärken.“
„Der Rat wird weitere Milliarden aus der EU-Kriegskasse, zynischerweise ‚Friedensfazilität‘ genannt, für die Munitionsweitergabe durch Mitgliedsstaaten an die Ukraine beschließen. Dabei werden neben der Boden-Boden-Artilleriemunition – 155 mm Granaten – auch Boden-Luft-Munition und Raketen zur Flugzeugabwehr ‚abrechnungsfähig‘. EU-Mitgliedsstaaten sollen Munitionslieferungen, die bis zum 31. Mai erfolgen, durch die von der Fazilität freigegebene eine Milliarde Euro erstattet bekommen. Aktueller Anlass für die rasche Munitionsbeschaffung ist zwar der ukrainische Bedarf an 155 mm-Granaten, um weiter auf dem Schlachtfeld – unter höchsten Verlusten an Menschenleben – Stand zu halten. Doch dieser Ratsgipfel dient nicht nur der schnellen ‚Hilfe‘. Vielmehr sollen in den nächsten zwölf Monaten insgesamt eine Million Geschosse für die Ukraine aufgetrieben werden.“
„Auf dem Gipfel wird zudem die Betrauung der ‚Defense Joint Procurement Task Force‘ zur gemeinsamen Beschaffung im Verteidigungsbereich festgezurrt. Gebildet wird diese aus parlamentarisch nicht kontrollierbaren Agenturen: dem Europäischen Auswärtigen Dienst, genauer dem EU-Militärstab, und der Europäische Verteidigungsagentur sowie der EU- Kommission. Diese soll mit europaweiten, das heißt EU-Mitgliedsstatten und Norwegen, Munitionseinkäufen für die Ukraine, aber auch zur Auffüllung der nationalen Bestände betraut werden. Für diese Einkäufe soll eine weitere Erstattungs-Milliarde aus der ‚Friedensfazilität‘ fließen, wenn die Einkäufe bis 30. September abgeschlossen werden.“
„Hinzu kommt ein drittes Element: systematisch soll die europäische Munitionsproduktion über einen mehrjährigen Zeitraum durch eine Unterstützung mit 300 bis 500 Millionen Euro hochgefahren werden. Die Gelder hierzu sollen auch aus dem EU-Haushalt stammen, der für derlei Aufgaben laut EU-Vertrag gerade nicht herangezogen werden darf. ‚Ein Tabu wird wieder einmal gebrochen‘, betonte der EU-Außenbeauftragte Borrell zurecht angesichts dieser Maßnahmen, da hier erstmals unter noch weitergehender Missachtung des EU-Vertrags Gelder im großen Stil nicht nur für die Erforschung und Entwicklung von Rüstungsgütern, sondern für die Produktion und Beschaffung bereitgestellt werden.“
„Die europäische Waffenindustrie wird’s freuen! Das Beispiel Rheinmetall zeigt deutlich, wie sehr das Geschäft mit dem Tod die Kasse klingeln lässt. Der Rüstungskonzern erzielte 2022 einen Umsatz von 6,4 Milliarden Euro und erwartet für 2023 nun 7,6 Milliarden Euro Umsatz. Rheinmetall ist jüngst in den deutsche DAX aufgestiegen, der Aktienkurs hat sich seit Kriegsbeginn fast verdoppelt. Krieg ist für Einige immer ein Geschäftserfolg.“