Nationale Sicherheitsstrategie schürt Unsicherheit und Aufrüstung
Özlem Alev Demirel, außen- und verteidigungspolitische Sprecherin von DIE LINKE im Europaparlament, erklärt zur Nationalen Sicherheitsstrategie der Bundesregierung:
„Mit ihrer Nationalen Sicherheitsstrategie treibt die Bundesregierung eine Militarisierung der Beziehungen weiter voran. Was hier von der Bundesregierung vorgelegt wurde, ist von daher eine Unsicherheitsstrategie für die Menschen, mit der Konflikte weiter befeuert werden. Sicherheit verspricht die Strategie vor allem den Profiten der Rüstungsindustrie. Die angestrebte vermeintlich „verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik“ ist besonders problematisch. Neben Demokratie und Menschenrechten im Empfängerland sollen eben auch Bündnis- und Sicherheitsinteressen, geostrategische Herausforderungen und Anforderungen einer verstärkten europäischen Rüstungskooperation berücksichtigt werden. Zudem will die aktuelle Bundesregierung das bislang gültige Verbot von Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete, wie es in den EU-Exportrichtlinien (Gemeinsamer Standpunkt 2008/944/GASP) zu finden ist, auf europäischer Ebene kippen. Man beabsichtige über eine EU-Rüstungsexportverordnung die Rechtslage anzupassen.“
Hintergrund:
Am 14. Juni 2023 veröffentlichte die Bundesregierung erstmalig eine unter Federführung des Auswärtigen Amtes erarbeitete Nationale Sicherheitsstrategie (NSS). Unter dem Schlagwort einer „Integrierten Sicherheit“ sollen „alle relevanten Akteure, Mittel und Instrumente“ zusammenwirken, um die eigene Position in Zeiten „zunehmender systemischer Rivalität“ mit den offen als Gegner (Russland) bzw. Systemrivale (China) deklarierten Großmächten zu stärken. Die Ausrichtung der Bundeswehr auf mögliche Auseinandersetzungen mit diesen Ländern wird in der NSS zur obersten Priorität erklärt, „alle anderen Aufgaben ordnen sich diesem Auftrag unter.“ Dabei soll eng mit den Verbündeten in der NATO und der Europäischen Union zusammengearbeitet werden, weshalb die Strategie auch eine Reihe von Maßnahmen zur Stärkung der europäischen Militärkomponente enthält.
Es gehe darum, dass die Europäische Union „ihr Gewicht zur Geltung bringt, um die regelbasierte Ordnung mitzugestalten.“ Hierfür wird augenscheinlich ein großer Militärapparat für nötig befunden, schließlich wird betont, die Bundesregierung sei „entschlossen, die europäische sicherheits- und verteidigungsindustrielle Basis zu stärken.“ Damit hierfür künftig die entsprechenden Mittel zur Verfügung stehen, wurde auch das Bekenntnis zum sogenannten 2-Prozent-Ziel verankert, das massive Erhöhungen der Militärausgaben bedeutet.
Ferner strebe die Bundesregierung eine „Weiterentwicklung“ der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) als Rahmen für europäische Militärprojekte an. Auch die Europäische Friedensfazilität, über die vor allem Waffenlieferungen an die Ukraine mit vielen Milliarden finanziert wird, wolle man „stärken“. Ins Bild passt auch die Forderung nach Mehrheitsentscheidungen in der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik sowie nach der Möglichkeit zur Bildung von Ad-hoc-Koalitionen nach Artikel 44 EUV, beides Maßnahmen, die den Einfluss der Großmächte und zuallererst Deutschlands weiter stärken.