Stellungnahme zum Bericht über die Vorschläge des Europäischen Parlaments zur Änderung der Verträge
Gestern wurde im EU Parlament über die Vorschläge des Europäischen Parlaments zur Änderung der Verträge abgestimmt. Aufgrund meiner früheren Abreise nach Nordrhein-Westfalen aufgrund von Terminen konnte ich an der Abstimmung nicht teilnehmen.
Ich möchte aber deutlich machen, warum ich diesem Bericht abgelehnt hätte, auch wenn ich den Wunsch nach Änderungen des EU-Vertrages nachvollziehen kann und unterstütze.
Dieser Bericht mit Vorschlägen für die Änderung der EU-Verträge widerspricht im Bereich Außen- und Verteidigungspolitik diametral dem, was DIE LINKE insgesamt anstrebt.
Der „Future of Europe“- Konferenz – aus dem dieser Bericht folgt – wird m.E. instrumentalisiert, um u.a. eine Militärunion aufzubauen, die sich stärker als bisher aufmachen wird, wirtschaftlichen und geopolitische Interessen, wenn nötig mit militärischer Gewalt durch zu setzen. Es geht darum, die EU im Konkurrenzkampf großer Mächte zu einem „Big Player“ zu machen.
Im Folgenden möchte ich einige Beispiel anführen, um zu verdeutlichen, was in diesem Bericht steht.
Gefordert wird die Einführung der Kompetenz der EU in der Außen-, Sicherheits- und vor allem in der Verteidigungspolitik. Diese Kompetenz liegt derzeit allein bei den Mitgliedsstaaten.
Faktisch wird der EU-Vertrag diesbezüglich schon jetzt umgangen. In den letzten Jahren wurden sukzessiv, nach Artikel 41.2 des EU- Vertrages, illegale Rüstungshaushalte eingerichtet (EVF, ASAP, EDIRPA).
In dem heute abgestimmten Bericht steht in Paragraph 21 „fordert die Einrichtung einer Verteidigungsunion, wobei dies dauerhaft stationierte gemeinsame europäische Militäreinheiten und eine ständige Schnelleingreifkapazität, die der operativen Führung der Union unterstehen, einschließt; schlägt vor, dass die gemeinsame Beschaffung und die Entwicklung von Rüstungsgütern von der Union über einen eigenen Haushalt finanziert werden,“
Des Weiteren sind in Anträgen zum Annex des Berichtes folgende Forderungen zu finden: Antrag 59 “ …Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, einschließlich der Beschaffung und Entwicklung von Rüstungsgütern, wird von der Union aus einem gesonderten Haushalt finanziert, …“
Im Antrag 61 steht darüber hinaus: „Die Union richtet eine Verteidigungsunion mit zivilen und militärischen Fähigkeiten zur Umsetzung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik ein. Diese Verteidigungsunion umfasst dauerhaft stationierte gemeinsame europäische Militäreinheiten, einschließlich einer ständigen Schnelleingreifkapazität, die der operativen Führung der Union unterstehen. Die Mitgliedstaaten können weitere Fähigkeiten bereitstellen.“
Der Zusatz bei diesen Forderungen, dass das Parlament diesbezüglich mit Kontrollrechten ausgestattet werden soll, ist für mich kein Grund, einer EU-Militarisierung zuzustimmen, die wir auch auf nationaler Ebene ablehnen.
Bezüglich der durchweg geforderten Einführung einer qualifizierten Mehrheitsentscheidung bei Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik und der Abschaffung des Konsensprinzips auf Ratsebene, mache ich auf folgendes aufmerksam. Dies führt zum Ausbau der Macht von großen Mitgliedsstaaten und ist ein weiterer Schritt in Richtung eines „deutschen Europas“. Die großen Staaten könnten sehr leicht eine Sperrminorität erzielen und dies ginge eindeutig zu Lasten der kleineren Mitgliedsstaaten. Das stärkt nicht die Kooperationsbereitschaft und den Frieden zwischen den Staaten in der EU, sondern vertieft die Gräben und lässt Spannungen anwachsen.
Es wird deutlich ersichtlich, dass die bisherigen Schranken, die es trotz bereits vorhandener Militarisierungsprojekte (PESCO, CARD, Verteidigungsklausel 42(7) etc.) gibt, nun im EU-Vertrag, aufgehoben werden sollen. Es soll eine echte Militärunion mit Waffen und Truppen geschaffen werden. Dagegen spreche ich mich entscheiden aus. Ich lehne all diese Vorschläge kategorisch ab. Wir brauchen eine Entmilitarisierung des EU-Vertrages, nicht umgekehrt! Diese Europäische Union ist kein Friedensprojekt mehr.