Egal wie Orban entscheidet- Gewinner und Verlierer stehen bereits fest!

Özlem Alev Demirel, außen- und friedenspolitische Sprecherin von Die Linke im Europaparlament, erklärt im Vorfeld des EU-Ratsgipfels am 14. und 15. Dezember zum Tagesordnungspunkt Ukraine:

„Seit Beginn des Überfalls Russlands auf die Ukraine konnte man beobachten, wie die EU und der Westen insgesamt alles dafür getan haben, damit die Ukraine keinem schnellen Waffenstillstand und Friedensabschluss zustimmt. ‚Kämpft Jungs, ihr kämpft für unsere Freiheit‘ war der immer wieder hallende Ruf für das Schlachtfeld aus den Rängen der NATO-Zentrale und den EU-Institutionen. Dabei ging es aber die ganze Zeit nicht um echte Solidarität mit dem angegriffenen Volk in der Ukraine, sondern um das eigene geopolitische Interesse – den Preis für den Konkurrenten Russland in die Höhe zu treiben.“

„Wie zynisch diese Haltung ist, wird nicht zuletzt auch bei den Entscheidungen auf diesem Ratsgipfel deutlich werden. Denn während die Menschen in der Ukraine das hiesige geopolitische Ziel mit ihrem Leben zahlten und zahlen, spürt man, dass die Bereitschaft der EU, einen eigenen Preis zu zahlen, wackelt. Auch die einst von dem Hohen Vertreter Josep Borrell angekündigten 20 Milliarden Euro Militärhilfe für die nächsten vier Jahre stehen auf der Kippe. Neben Ungarn sind Frankreich, die Niederlande und Österreich scheinbar nicht mehr gewillt, Gelder in einen nicht zu gewinnenden Kampf zu stecken. Und eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine ist im Kern auch nicht erwünscht – und das hängt nicht lediglich mit Herrn Orbán zusammen. Orbán steht zwar im Rampenlicht dieser Haltung, doch die entscheidenden Führungsmächte Deutschland und Frankreich sind auch nicht interessiert an einer Vollmitgliedschaft der Ukraine.“

Özlem Demirel zu den Kosten eines möglichen EU-Beitritts der Ukraine:

„Mit einem EU-Beitritt der Ukraine würde einer Studie zufolge bis zu 17 Prozent des gemeinsamen Haushalts der EU in die Ukraine fließen. In einem am Montag veröffentlichten Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft werden die finanziellen Folgen einer Vollmitgliedschaft auf rund 130 bis 190 Milliarden Euro geschätzt. Deshalb reagieren selbst Länder wie Polen, die sich einst als die größten Freunde der Ukraine präsentierten, verhalten.  Dennoch muss man kein Prophet sein, um darauf zu kommen, warum die Europäische Kommission beim Thema Beitrittsverhandlungen rhetorisch auf die Tube drückt. Es bleibt sehr unwahrscheinlich, dass es eine Vollmitgliedschaft der Ukraine geben wird, aber ein Rechtsrahmen für die EU-Investitionen in der Ukraine muss her, damit die Gelder nicht futsch sind und auch weiterhin bei der europäischen Rüstungslobby die Korken knallen!“

Özlem Demirel zum Wiederaufbaufonds für die Ukraine:

„Auch der Wiederaufbaufonds für die Ukraine ist ein vergiftetes Geschenk. Das bereits vor dem Krieg vollkommen überschuldete Land wird die ihr auferlegten Schulden nie zurückzahlen können und über Jahrzehnte unter der Rigide von BlackRock und Co. stehen. Das heißt, die Bevölkerung der EU und der Ukraine werden dafür bezahlen, während die Ukraine weitere Wellen der Privatisierung und Deregulierung erfahren wird. Die Devise heißt: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren. Der EU- Beitritt, wie auch der falsch angelegte Aufbaufonds, werden Daseinsvorsorge, Arbeitsrecht und -schutz weiter massiv schleifen.“

Özlem Demirel abschließend:

„Wer ernsthaft den Menschen in der Ukraine hätte helfen wollen, hätte unabhängig von einer Entscheidung Orbáns, von Beginn des Krieges an auf Diplomatie, Deeskalation und ein schnelles Ende des Krieges  gesetzt und einen Schuldenschnitt aus der EU durchgeführt, statt die eigenen Rüstungskassen zu füllen und dem Ausverkauf der Ukraine den Weg zu bereiten! Man hätte nicht geschrien ‚Kämpft Jungs, ihr kämpft für unsere Freiheit‘ und nicht rhetorisch und real den Krieg befeuert. Alle Welt weiß, dass die Ukrainer seit dem, auch durch den Westen motivierten, Abbruch der Friedensverhandlungen in der Türkei, einen enormen Preis zahlen. Die Gewinner und Verlierer dieser geopolitischen Schlacht standen von Beginn an fest.“