Digitalisierte Abschottungspolitik
Özlem Alev Demirel, migrationspolitische Sprecherin von Die Linke im Europaparlament und Schattenberichterstatterin, zur heutigen Abstimmung über das Entry/Exit-System (EES):
„Das Europaparlament wird heute aller Voraussicht nach, die schrittweise Einführung des Entry/Exit-System bestätigen. Als Schattenberichterstatterin habe ich mich bis zuletzt dagegen ausgesprochen und werde es auch heute tun. Ich lehne nicht nur das 2017 beschlossene System weiterhin ab, weil dahinter eine Logik der Überwachung und ein weiterer Baustein der Festung Europa steht. Ich lehne auch die heute zur Abstimmung stehende automatische Einführung ab, die keine Rücksicht darauf nimmt, ob alle technischen Probleme behoben sind.
Das EES soll anhand biometrischer Daten automatisch erfassen, welche Angehörige von Drittstaaten in die EU ein- und ausreisen und für drei Jahre auf Vorrat speichern. Alle Nicht-EU-Bürger:innen werden damit pauschal zu Verdachtsfällen erklärt. Die Strafverfolgungs-, Grenzkontroll- und Migrationsbehörden innerhalb der EU haben schnellen und nahtlosen Zugang zu den gespeicherten Daten, um diese mit weiteren Datenbanken abzugleichen. Es wird eine automatische Liste von Personen erstellt, die die zulässige Aufenthaltsdauer überschritten haben. Das System ist damit Teil der europäischen Abschottungspolitik.
Anders als die geplante Inbetriebnahme zu einem bestimmten Tag über alle Mitgliedstaaten hinweg, soll heute beschlossen werden, dass das EES schrittweise über einen Zeitraum von sechs Monaten eingeführt wird. Das bedeutet, die Mitgliedstaaten müssen es an immer mehr Grenzübergangsstellen für immer mehr Reisende einsetzen. Während dieser Monate und 90 Tage danach können die Mitgliedstaaten das System ganz oder teilweise aussetzen, wenn es technische Probleme gibt. Dann gilt es jedoch ohne Rücksichtnahme. Angesichts der bisherigen Probleme, das System zum Laufen zu bringen, ist das eine Kamikaze-Aktion auf dem Rücken der Nicht-EU-Bürger.“